Längsrisse an Zylinderlaufbuchsen
Beschreibung

- Vertikaler Riss, ausgehend vom Buchsenbund.
- Aufgrund ihrer dünnen Zylinderwandstärke tritt der Schaden auch bei trockenen Zylinderlaufbuchsen auf.

Beurteilung
Rissursache ist häufig ein unvorsichtiger Umgang mit den Zylinderlaufbuchsen (Schlageinwirkungen). Auch wenn die Zylinderlaufbuchse nicht sofort einen sichtbaren Schaden erleidet, kann ein mikrofeiner Riss oder eine Kerbe im Motorbetrieb einen Bruch verursachen. Eine fehlerhafte Buchsenbundauflage oder Schmutz zwischen Zylinderlaufbuchse und Zylinderblock kann solche Schäden hervorrufen. Bei Längsrissen, die auf fehlerhafte Buchsenbundauflagen zurück zu führen sind, treten die Längsrisse oft zusammen mit Querrissen auf.
Mögliche Ursachen
- Risse oder Kerben durch unsachgemäße Behandlung der Zylinderlaufbuchsen während des Transports oder der Reparatur.
- Flüssigkeitsschläge.
- Fremdkörper unter Kontakt- oder Dichtflächen.
- Fehlerhafte Bundauflagen (siehe Kapitel „Abgerissener Bund an der Zylinderlaufbuchse“).
- Materialabtrag (Erosion) an der Zylinderlaufbuchsenkante durch klopfende Verbrennung, dadurch Schwächung der Zylinderlaufbuchse.
Abgerissener Bund an der Zylinderlaufbuchse
Beschreibung

- Abgerissener Buchsenbund.
- Buchsenbundriss, verläuft vom Grund der Buchsenbundunterkante nach oben im Winkel von ca. 30°.

Beurteilung
Ursache sind Biegemomente, die bei mangelhafter Montage entstehen (Schmutz- und Formfehler). Meistens wird der Buchsenbund der Zylinderlaufbuchse schon beim Anziehen des Zylinderkopfs abgedrückt. Bei den neuen Motorengenerationen für Nutzkraftfahrzeuge mit Pumpe-Düse oder Common-Rail Einspritzsystem wird der Motorblock aufgrund der höheren Verbrennungsdrücke zunehmend belastet. Da bei diesen Motortypen sehr harte Stahl-Zylinderkopfdichtung verwendet werden, kann sich das Kurbelgehäuse nach einer längeren Laufleistung an der Buchsenbundauflage verziehen.
Hinweis

Eine Verformung der Buchsenbundauflagefläche ist optisch ohne Hilfsmittel nicht zu erkennen. Mit Lagertusche lässt sich der Verzug leicht prüfen: Tusche hauchdünn auf die Auflagefläche des Buchsenbundes am Motorblock auftragen. Danach die neue Buchse ohne Dichtungen einsetzen und auf den Sitz drücken. Dann die Zylinderlaufbuchse wieder herausnehmen. Die Auflagefläche an der Zylinderlaufbuchse sollte nun am ganzen Umfang gleichmäßig mit Tusche bedeckt sein. Wenn dies nicht der Fall ist, muss der Buchsensitz nachgearbeitet werden: Am besten auf einem stationären Bohrwerk oder mit einem mobilen Buchsenbundsitz-Plandrehgerät. Dies garantiert die Planparallelität zur Gehäuseoberfläche (Abb. 2).

Mögliche Ursachen
- Verschlissene Buchsenbundauflage am Motor nach längerer Laufzeit.
- Verschmutzte oder korrodierte Buchsenbundauflage.
- Keine Rechtwinkligkeit und/oder Planheit der Bundauflage (Abb. 2 und Abb. 5).
- Falsche Zylinderkopfdichtung.
- Missachtung der vom Motorenhersteller vorgeschriebenen Anzugsdrehmomente und Drehwinkel bei der Montage des Zylinderkopfs.
- Falsche Anzahl an Dichtringen.




- Unter dem Buchsenbund eingeklemmte Dichtringe.
- Verwendung von Dichtungen mit falschen Abmessungen.
- Verwendung von flüssigen Dichtmitteln.
- Bei trockenen Pressfit-Zylinderlaufbuchsen: Einbaufehler durch zu hohen Einpressdruck.
- Vorgeschriebener Buchsenüberstand nicht eingehalten (Abb. 6):
- Bei einem zu großen Überstand der Zylinderlaufbuchse wird der Buchsenbund beim Festziehen der Zylinderkopfschrauben abgedrückt.
- Bei einem zu kleinem Überstand wird die Zylinderlaufbuchse nicht stark genug auf den Buchsensitz gepresst und gerät durch die Kolbenbewegung ins Pendeln. Diese Krafteinwirkungen führen zum Buchsenbundabriss.
- Missachtung der korrekten Form bei der Nacharbeit des Buchsensitzes. Die Formgebung des Buchsensitzes muss der Formgebung der Zylinderlaufbuchse entsprechen. Der Übergang der Bundfläche zum Passsitzdurchmesser muss mit einer Fase von 0,5–1,0 mm × 45° versehen sein. Somit sitzt die Hohlkehle des Buchsenbundes an der Kante nicht auf. Bei Nichtbeachtung kann der Buchsenbund beim Festziehen des Zylinderkopfs sehr leicht abgedrückt werden (Abb. 3). Außerdem darf der Ausrundungsradius am Buchsensitz („D“ in Abb. 4) nicht zu groß sein, damit die Zylinderlaufbuchse am Buchsenbund nicht an der Außen- oder Innenkante trägt.
Hinweis

Bei einer Nachbearbeitung der Buchsenbundauflage während einer Motoreninstandsetzung muss der nötige Überstand der Zylinderlaufbuchse zur Zylinderoberfläche sichergestellt sein: Entweder durch Unterlegen von Ausgleichscheiben aus Stahl oder durch Zylinderlaufbuchsen mit Bundübermaß* (wird empfohlen).
Kavitation an Zylinderlaufbuchsen
Beschreibung

- Starke Kavitationserscheinungen am Wassermantel der nassen Zylinderlaufbuchse (Abb. 1 und 2).
- Kühlmitteldurchtritt in den Verbrennungsraum.
Beurteilung



Kavitation tritt bevorzugt in der Kippebene des Kolbens auf (Druck- oder Gegendruckseite). Auslöser sind hochfrequente Schwingungen der Zylinderwand. Die Schwingungen entstehen durch die Kolbenseitenkräfte, den Verbrennungsdruck und Anlagewechsel im unteren und oberen Totpunkt. Wenn das Kühlwasser den Schwingungen der Zylinderwand nicht mehr folgen kann, hebt der Wasserfilm von der Zylinderlaufbuchse ab. Es bildet sich eine Unterdruckzone mit Dampfbläschen, die beim Zurückschwingen der Zylinderwand mit sehr hoher Geschwindigkeit in sich zusammenfallen (implodieren). Das Wasser, das die Bläschen verdrängt hatte, prallt schlagartig auf die Zylinder-oberfläche. Aus ihr löst die Aufprallenergie kleinste Teilchen, so werden allmählich Löcher herausgerissen (herausgewaschen).
Eine Besonderheit bei der Kavitation: Die Löcher sind nach innen erweitert (Abb. 3), dadurch bilden sich Höhlen im Material.
Auslöser für Kavitation
- Zu hohe Kühlflüssigkeitstemperatur.
- Zu niedriger Kühlflüssigkeitsdruck.
- Zu niedriger Siedepunkt der Kühlflüssigkeit.
- Kombination der oben genannten Punkte.
Mögliche Ursachen

- Das korrekte Kolbenspiel wurde nicht eingehalten, z. B. beim Wiedereinbau bereits gelaufener Kolben, bzw. zu groß gefertigten Zylinder.
- Formfehler der Buchsenbundauflage – Mangelhafter oder unpräziser Sitz der Zylinderlaufbuchse im Gehäuse (siehe Kapitel „Abgerissener Bund an der Zylinderlaufbuchse“).
- Keine vorgeschriebene Dauerfrostfüllung mit Korrosionsschutz oder entsprechende Zusätze im Kühlwasser. Das Korrosionsschutzmittel beinhaltet Inhibitoren, die die Schaumbildung verhindern. Da sich diese Inhibitoren verbrauchen, sollte man das Korrosionsschutzmittel alle zwei Jahre wechseln und das richtige Mischungsverhältnis einstellen.
- Ungeeignete Kühlmittel wie Salzwasser (Meerwasser), aggressives oder säurehaltiges Wasser oder sonstige Flüssigkeiten.
- Ungenügender Vordruck im Kühlsystem. Grund: Ungeeignete Kühlerdeckel (zu geringe Druckhaltung durch defektes Überdruckventil) oder undichtes Kühlsystem. Bei einem vorschriftsmäßigen Vordruck im Kühlsystem liegt die Siedetemperatur des Kühlmittels höher als bei atmosphärischem Druck. Der Vordruck beseitigt die Ursache der Dampfbläschenbildung nicht, behindert aber zumindest die Bläschenbildung.
- Falsche Dichtringe und/oder Dichtmasse bzw. Silikon am Buchsenbund.
- Falsche Anzahl Dichtringe.
- Zu niedere Betriebstemperatur des Motors: Wenn ein Motor durch bestimmte Einsatzbedingungen oder Thermostatdefekte nicht die normale Betriebstemperatur erreicht, kann sich im Kühlsystem wegen der geringeren Wärmeausdehnung des Kühlmittels kein Überdruck aufbauen. Durch die zu niedrige Betriebstemperatur dehnen sich auch die Kolben nicht korrekt aus und laufen daher mit erhöhtem Kolbenspiel. Beide Fälle begünstigen die Bläschenbildung und damit die Kavitation.
- Montage zusätzlicher Dichtringe im Freistich des Buchsenbunds (Abb. 4): Hier dürfen Dichtringe nur dann eingesetzt werden, wenn diese ausdrücklich vom Hersteller vorgesehen sind.
01 Buchsenüberstand
02 Tombakring
03 Freistich
04 O-Ring